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Dieses Bild zeigt die Kammer der Beschichtungsanlage auf dem Weg zum Cerro Pachón.
Kammer der Beschichtungsanlage auf dem Weg zum Cerro Pachón
Abb. 1 - Strahlenoptik
Abb. 2 - erwartetes Reflexionsvermögen
Abb. 3 - Layout Observatorium
Abb. 7 - Transport durch Puclaro-Tunnel
Abb. 8.1 - Endmontage
Abb. 8.2 - Endmontage
Abb. 9 - Reflexionskurve M2
Dieses Bild zeigt die Kammer der Beschichtungsanlage auf dem Weg zum Cerro Pachón.

Der Artikel ist ursprünglich in der Vakuum in Forschung und Praxis erschienen. Er befasst sich mit der Spiegelbeschichtung des Large Synoptic Survey Telescope, welches derzeit in Chile aufgebaut wird. Die LSST-Beschichtungsanlage besteht aus einer Beschichtungskammer für die Abscheidung hochreflektierender optischer Beschichtungen und einer Reinigungs- und Entschichtungsstation für die Spiegel M1M3 und M2. Mittels Sputterverfahren können nach ausgewählten Rezepten blanke und geschützte Silber- und Aluminiumschichten abgeschieden werden. Die Reinigungs- und Entschichtungsstation besteht aus einem rotierenden Wascharm, Perimeterplattformen, Brücke und einem Abwassersystem in der M1M3-Spiegelzelle. In diesem Artikel wird der Stand des Aufbaus der Beschichtungsanlage beschrieben. Die Fortschritte bei den ersten Spiegeltests, die wichtigsten Konstruktionsmerkmale und Anforderungen an Reflektionsvermögen und Beschichtung sowie die Ergebnisse werden vorgestellt.

Erschienen in Vacuum in Forschung und Praxis, Vol. 31 Nr. 6 Dezember 2019

Spiegelschichten für das Large Synoptic Survey Telescope in Chile

Mission des Large Synoptic Survey Telescope

Derzeit entsteht auf dem 2682 m hohen Gipfel des Cerro Pachón in Chile ein besonderes bodengestütztes Spiegelteleskop. Auch wenn sein größter Primärspiegel mit einem Durchmesser von 8,4 m nicht an diejenigen der größten Observatorien dieser Welt heranreicht, ist sein Weitfeld-Sichtbereich von 3,5° bisher einmalig in der Welt. Zum Vergleich: Der Vollmond bedeckt, von der Erde aus gesehen, einen Bildwinkel von 0,5°. Mit diesem Teleskop wird der gesamte erreichbare südliche Sternhimmel innerhalb von drei Tagen gescannt. Dabei kommt die derzeit größte Digitalkamera der Welt mit 64 cm Durchmesser und einer Auflösung von 3,2 Milliarden Pixel zum Einsatz. Das Besondere dieses Teleskopes ist somit die Kartographierung großer Himmelsbereiche in kurzer Zeit. Es stellt sozusagen das Superweitwinkel unter den Spiegelteleskopen dar.

Erreicht wird dies durch eine 3-Spiegel- Optik (Abb. 1). Der Primärspiegel (M1) ist ringförmig, hat einen Durchmesser von 8,4 m und ist aus einem Stück gefertigt. In die Öffnung des M1 ist der Tertiärspiegel (M3) mit einem Durchmesser von 5 m integriert, der einen anderen Krümmungsradius als der Primärspiegel aufweist. Beide bilden dabei eine monolithische Struktur, die als M1M3-Spiegel bezeichnet wird. Darüber befindet sich der Sekundärspiegel (M2) mit 3,4 m Durchmesser. Dieses optische Design ermöglicht eine zusammenhängende überlappende Abbildung von 20.000 Quadratgrad Himmel in sechs Wellenlängen-Bereichen von 32 – 1060 nm.

Mit diesem Observatorium sollen mindestens 10 Milliarden Sterne und Galaxien katalogisiert werden. Mit einer Frequenz von etwa zwei kompletten Aufnahmen pro Woche könnten damit auch kurzzeitige Ereignisse, wie Supernovae beobachtet und Asteroiden identifiziert werden, die der Erde gefährlich nah kommen.

Spiegel­be­schich­tung

Um die zum Betrieb des Teleskops er­forder­lichen optischen Eigenschaften erreichen zu können, erhalten die aus Borosilikatglas bestehenden Spiegel eine mittels Magnetron-Sputtern aufgetragene Beschichtung, die auf Silber und/oder Aluminium basiert (Abb. 2). Das Schichtsystem des M1M3-Spiegels besteht aus einer etwa 100 nm dünnen Aluminiumschicht, welche mit einer ca. 8,5 nm dünnen Siliziumnitridschicht geschützt wird.

Für den kleineren M2-Spiegel wird eine Multilagenschicht aus einem Haftvermittler aus 6,5 nm dünnem Nickelchromnitrid, der eigentlichen Reflexionsschicht aus 110 nm dickem Silber und einer abschließenden Schutzschicht aus 8,5 nm dünnem Siliziumnitrid verwendet. Diese Silberschicht hat besonders gute Reflexionseigenschaften im sichtbaren und nahen Infrarot-Bereich. Da der M2-Spiegel nach unten gerichtet und somit besser vor den klimatischen Einflüssen geschützt ist, kann die Silberbeschichtung mehrere Jahre halten. Auf dem Weg zur Kamera wird das Licht also nacheinander an der Aluminium- (Al-) Schicht des M1-Spiegels, der Silber- (Ag-) Schicht des M2-Spiegels und an der Al-Schicht auf dem M3-Spiegel reflektiert.

Bei den Beschichtungen wird auf bewährte Rezepte der Gemini- und SOAR-Teleskope zurückgegriffen, die in unmittelbarer Nachbarschaft auf dem Cerro Pachón unter identischen klimatischen Bedingungen im Einsatz sind. Die dort gesammelten Erfahrungen zeigen, dass insbesondere für den mit Silber beschichteten M2-Spiegel des LSST über die Jahre kaum Verluste im Reflexionsvermögen zu erwarten sind. Die Reflektivität des vergleichbar beschichteten sekundären Spiegels von Gemini South ist seit seiner Erstbeschichtung im Jahre 2004 bei regelmäßiger Reinigung mit CO2 bisher gleich geblieben. Für den M1M3-Spiegel wird, Kontaktwäsche und CO2-Reinigung vorausgesetzt, mit einer jährlichen Abnahme des Reflexionsvermögens um 1,5 % im Bereich von 450 nm und um nur 0,025 % bei 650 nm ausgegangen.

Be­triebs­re­gime

Die Stan­dard-CO2-Rei­ni­gung er­folgt jede Wo­che für den M1M3-Spie­gel und jede zwei­te Wo­che für den M2-Spie­gel. Auf­grund der oben be­schrie­be­nen zu er­war­ten­den Ab­nah­me des Re­fle­xi­ons­ver­mö­gens soll der M1M3-Spie­gel alle zwei Jah­re neu be­schich­tet wer­den, um die sehr stren­gen An­for­de­run­gen an die op­ti­schen Ei­gen­schaf­ten ein­zu­hal­ten. Die Güte der M2-Spie­gel­be­schich­tung wird an­hand der wö­chent­lich ge­mes­se­nen Re­fle­xi­ons­gra­de be­wer­tet. Der ge­sam­te Be­schich­tungs­vor­gang des M1M3-Spie­gels kann ein­schlie­ß­lich dem Trans­port in­ner­halb von zwei Ar­beits­ta­gen durch­ge­führt wer­den.

Da­mit ist er­kenn­bar, dass hier un­ge­wohn­te Be­triebs­be­din­gun­gen für eine Va­ku­um­be­schich­tungs­an­la­ge vor­lie­gen. Wäh­rend üb­li­cher­wei­se in der In­dus­trie sehr hohe Ver­füg­bar­kei­ten und ho­her Durch­satz der An­la­gen im Vor­der­grund ste­hen, muss die­se Spie­gel­be­schich­tungs­an­la­ge auch nach län­ge­rer Still­stands­zeit so­fort zu­ver­läs­sig be­triebs­be­reit sein und re­pro­du­zier­ba­re Er­geb­nis­se lie­fern.

Rei­ni­gungs- und Be­schich­tungs­sta­ti­on

Auch wenn die ver­wen­de­ten Spie­gel­schicht­sys­te­me für die vor­herr­schen­den kli­ma­ti­schen Be­din­gun­gen sehr sta­bil sind, ist zu­min­dest eine zy­kli­sche Rei­ni­gung und ge­le­gent­li­che Er­neue­rung der Be­schich­tung eine zwin­gen­de Vor­aus­set­zung für sta­bi­le und ver­gleich­ba­re Mess­ergeb­nis­se in­ner­halb der auf min­des­tens zehn Jah­re Lauf­zeit aus­ge­leg­ten Un­ter­su­chungs­pro­gram­me. Auf­grund der Grö­ße und Ein­zig­ar­tig­keit der Spie­gel und dem ex­po­nier­ten Stand­ort kann dies nur vor Ort ge­sche­hen.

In dem Ge­bäu­de­kom­plex des Ob­ser­va­to­ri­ums wur­de des­halb auf der Ser­vice- Eta­ge ein Hal­len­be­reich für Rei­ni­gung und Be­schich­tung vor­ge­se­hen (Abb. 3). Die­ser Hal­len­be­reich be­steht aus drei mit­ein­an­der ver­bun­de­nen Seg­men­ten: dem Be­reich der Rei­ni­gung und Ent­schich­tung, dem Be­reich der Be­schich­tungs­an­la­ge selbst und ei­nem Park­be­reich für das Un­ter­teil der Be­schich­tungs­kam­mer.

Die Di­men­sio­nen rich­ten sich nach der Grö­ße des M1M3-Spie­gels mit sei­nem 8,4 m gro­ßen Au­ßen­durch­mes­ser. Auf­grund die­ser Grö­ße kann der Spie­gel nicht ein­zeln trans­por­tiert wer­den, son­dern wird zu­sam­men mit sei­nem Un­ter­bau aus dem Te­le­skop per Platt­form­lift ab­ge­senkt. Die­se etwa 55 Ton­nen schwe­re Zel­len­bau­grup­pe dient gleich­zei­tig als Un­ter­teil der Va­ku­um­kam­mer und kann auch für die Rei­ni­gung des Spie­gels nicht ent­fernt wer­den.

Die Be­schich­tungs­an­la­ge ar­bei­tet mit dem be­reits er­folg­reich an an­de­ren Spie­gel­te­le­sko­pen (Ge­mi­ni, VLT) ein­ge­setz­ten Ma­gnetrons­put­tern zur Ab­schei­dung der Schich­ten. Mit Pla­nung, Bau und Lie­fe­rung der Ge­samt­an­la­ge, be­stehend aus Rei­ni­gung, Ent­schich­tung und Be­schich­tung, wur­de die Von Ar­den­ne GmbH be­auf­tragt, die so ihre lang­jäh­ri­gen Er­fah­run­gen in Glas­be­schich­tung und Ma­gnetron-Sput­tern in das LSST-Pro­jekt ein­brin­gen kann.

Die Rei­ni­gungs­sek­ti­on be­her­bergt so­wohl den Wasch­arm, die In­spek­ti­ons­brü­cke und die Pe­ri­me­ter­platt­form für den M1M3-Spie­gel so­wie die Ent­schich­tungs­vor­rich­tung für den M2-Spie­gel. Die Funk­ti­ons­be­rei­che der Be­schich­tungs­kam­mer be­stehen im We­sent­li­chen aus drei Seg­men­ten.

Ober­teil der Be­schich­tungs­kam­mer

Die­ser Kam­mer­be­reich be­inhal­tet haupt­säch­lich das Sput­ter­sys­tem. Es ver­fügt ins­ge­samt über acht ra­di­al an­ge­ord­ne­te Von Ar­den­ne Stan­dard Sin­gle Ma­gnetrons (SSM) mit pla­na­ren Tar­gets, mit de­nen Alu­mi­ni­um, Sil­ber, Ni­ckel-Chrom und Si­li­zi­um ge­s­put­tert wer­den kön­nen. Für die Ab­schei­dung im re­ak­ti­ven Sput­ter­pro­zess kann ne­ben dem Ar­beits­gas Ar­gon auch Stick­stoff, Sauer­stoff und Kryp­ton di­rekt an den Ma­gnetrons ein­ge­las­sen wer­den. Das Sput­ter­sys­tem kann bei­de Rin­ge des M1M3-Spie­gels gleich­zei­tig mit dem­sel­ben Ma­te­ri­al be­schich­ten.

Die Ma­gnetrons selbst wer­den in zwei Bau­grö­ßen ver­wen­det. Die zur Be­schich­tung des M1-Spie­gels ein­ge­setz­te Kon­fi­gu­ra­ti­on (SSM 11-41) hat mit 1,9 m brei­ten Ma­gnetrons ei­nen ef­fek­ti­ven Sput­ter­ra­di­us von 1,7 m und ver­fügt über eine Mas­ken­form zur An­pas­sung der Be­schich­tungs­ra­te an den Krüm­mungs­ra­di­us des M1-Spie­gels. Die M2- und M3-Spie­gel wer­den mit 2,4 m brei­ten Ma­gnetrons (SSM 13-43) mit ei­nem ef­fek­ti­ven Sput­ter­ra­di­us von 2,0 m be­schich­tet. Die 2,4 m brei­ten Ein­hei­ten ver­fü­gen über zwei ver­schie­de­ne, aus­tausch­ba­re Mas­ken, die spe­zi­ell für die M3- und M2-Krüm­mun­gen ent­wi­ckelt wur­den.

Be­weg­li­che Mas­ken sor­gen da­für, dass bei je­dem Über­lauf an der Über­lapp­stel­le ein ho­mo­ge­ner Be­schich­tungs­ver­lauf er­folgt. Form und Be­we­gung der Mas­ken müs­sen hier­bei sehr ge­nau auf die Geo­me­trie der Spie­gel ab­ge­stimmt wer­den. Die acht Ma­gnetrons wer­den über zwei Mo­to­ren be­wegt und ro­tie­ren bis zu 540° über dem Spie­gel. Alle Me­di­en für die Ma­gnetrons (Strom, Kühl­was­ser, Gas) so­wie die Steue­rung wer­den zen­tral über die Haupt­wel­le ein­ge­speist, wel­che va­ku­um­sei­tig mit­tels fer­ro­f­lui­di­scher Dreh­durch­füh­rung ab­ge­dich­tet ist.

Die Ver­sor­gungs­ein­hei­ten der Ma­gnetrons, wie Gas­fluss­reg­ler, Druck­sen­so­ren, Mas­ken­an­trie­be so­wie Was­ser- und Gas­ver­tei­lungs­sys­te­me be­fin­den sich in ober­halb der Ma­gnetrons an­ge­ord­ne­ten Be­häl­tern, die un­ter At­mo­sphä­ren­druck ste­hen.

Der Ober­teil der Be­schich­tungs­kam­mer ist an He­be­bö­cken auf­ge­hängt, die das Ge­samt­ge­wicht der Kam­mer von 140 Ton­nen an­he­ben und das Ober­teil po­si­ti­ons­ge­nau auf de­ren Un­ter­teil ab­sen­ken kön­nen. Eine der zen­tra­len Her­aus­for­de­run­gen des Pro­jek­tes be­stand da­bei in der ab­so­lut si­che­ren Aus­füh­rung der Kon­struk­ti­on zum Schutz des Spie­gels vor Be­schä­di­gun­gen, da ein Gro­ß­teil der Kom­po­nen­ten ober­halb der Spie­gel­ober­flä­che an­ge­bracht ist.

Spe­zi­el­le kon­struk­ti­ve Maß­nah­men sind not­wen­dig, um ein Lö­sen und Her­ab­fal­len von Bau­ele­men­ten zu ver­hin­dern, eben­so wie Si­cher­heits­ein­rich­tun­gen, die eine Be­rüh­rung der Spie­gel­ober­flä­che beim Her­ab­sen­ken des Ober­teils zu­ver­läs­sig ver­mei­den. Zu­sätz­lich ist bei ei­ner der­ar­tig gro­ßen Va­ku­um­kam­mer auch auf mög­li­che Ver­for­mun­gen der Kam­mer beim An­pum­pen zu ach­ten.

Er­schwe­rend kommt hin­zu, dass sich der Auf­stell­ort der An­la­ge in ei­nem erd­be­ben­ge­fähr­de­ten Ge­biet be­fin­det.

Zwi­schen­ring

Eine der Her­aus­for­de­run­gen be­stand dar­in, dass der M1M3-Spie­gel mit sei­nem ei­ge­nen Kam­mer­un­ter­bau (Zel­le) ein­ge­setzt wer­den muss, der al­ler­dings auf­grund sei­ner für die Be­schich­tungs­an­for­de­run­gen un­zu­rei­chen­den Va­ku­um­taug­lich­keit vom ei­gent­li­chen Be­schich­tungs­be­reich ab­ge­kop­pelt wer­den muss. Die Funk­ti­on die­ses Dich­tungs­sys­tems zwi­schen dem Va­ku­um in der obe­ren Kam­mer und dem Va­ku­um in der un­te­ren Kam­mer über­nimmt eine auf­blas­ba­re Dich­tung an der In­nen­sei­te des Zwi­schen­rings.

Da­bei wirkt die­se Dich­tung ge­gen den Rand des M1M3-Spie­gels, wo­bei die­ser da­mit die Funk­ti­on ei­ner Mem­bran zwi­schen den bei­den Va­ku­um­be­rei­chen be­kommt. Zum Schutz des Spie­gels müs­sen Druck­un­ter­schie­de zwi­schen den bei­den Be­rei­chen in al­len Ar­beits­zu­stän­den der An­la­ge prin­zi­pi­ell aus­ge­schlos­sen wer­den. Dazu ver­fügt das Dich­tungs­sys­tem über spe­zi­el­le Si­cher­heits- und Va­ku­ument­lüf­tungs­sys­te­me.

Das Vor­va­ku­um der An­la­ge wird über die be­währ­te Kom­bi­na­ti­on aus Dreh­schie­ber- und Wälz­kol­ben­pum­pen der Ley­bold GmbH er­zeugt. Für das Hoch­va­ku­um im un­te­ren Kam­mer­be­reich kom­men Tur­bopum­pen der Pfeif­fer Va­cu­um Tech­no­lo­gy AG in Kom­bi­na­ti­on mit Schrau­ben­pum­pen von Ley­bold zum Ein­satz. Den für die Be­schich­tungs­vor­aus­set­zun­gen er­for­der­li­chen End­druck im Be­reich von 10-7 mbar stellt eine Kom­bi­na­ti­on aus un­ter­schied­li­chen Kryopum­pen, eben­falls von Ley­bold, si­cher. Das Pump­sys­tem ist da­bei so aus­ge­legt, dass die Vor­pum­pen den Re­zi­pi­en­ten in­ner­halb von ei­ner Stun­de auf 2,7 · 10-2 mbar eva­ku­ie­ren kön­nen, und der er­for­der­li­che Aus­gangs­druck von 3 · 10-7 mbar in­ner­halb von acht Stun­den er­reicht wird.

Un­ter­teil der Be­schich­tungs­kam­mer

Das Un­ter­teil der Be­schich­tungs­kam­mer dient in ers­ter Li­nie dazu, die An­la­ge au­ßer­halb der Be­schich­tungs­kam­pa­gnen un­ter Va­ku­um zu hal­ten, so­wie den M2-Spie­gel für die Be­schich­tung auf­zu­neh­men. Für die M1M3- Kom­bi­na­ti­on wird die­ser Kam­mer­teil ge­parkt, da die M1M3-Spie­gel- Zel­le gleich­zei­tig als Va­ku­um­kam­mer kon­zi­piert ist und so­mit das Un­ter­teil er­setzt.

Steue­rung

Die Be­schich­tungs­kam­mer wird von ei­ner zen­tra­len Soft­ware ge­steu­ert, wel­che alle für den Be­trieb not­wen­di­gen Funk­tio­nen, wie Va­ku­um­sys­tem, Ma­gnetrons, Gas­ver­tei­lung, Schicht­di­cken­sen­so­rik und in-situ- Ka­me­ra­über­wa­chung be­inhal­tet. Die Steue­rung ver­fügt auch über ei­nen au­to­ma­ti­schen Mo­dus und pro­to­kol­liert sämt­li­che Be­schich­tungs­pa­ra­me­ter, in­klu­si­ve dem Sta­tus je­des Teil­sys­tems, wel­ches zu je­der Be­schich­tungs­ab­fol­ge ge­hört.

Status

Nach einem im Sommer 2018 erfolgreich durchgeführten Abnahmeprozedere mit Beschichtungstests an Dummy-Substraten an der komplett beim Kammerhersteller MAN in Deggendorf aufgebauten Anlage, erfolgte die Teildemontage und Transportvorbereitung. Von Deggendorf aus zunächst auf der Donau wurde die gesamte Anlage per Schiff bis Antwerpen transportiert, dort umgeladen und erreichte im Oktober 2018 Chile.

Die größte Herausforderung stellte jedoch der Landtransport der riesigen Kammerhälften vom Hafen bis zum Gipfel des Cerro Pachón dar. Aufgrund der Breite des Transports von 9 m mussten teilweise Straßenlaternen, Verkehrszeichen und Oberleitungen verlegt und Steigungen von 15° mit mehreren, aneinander gekoppelten Zugfahrzeugen überwunden werden.

Das größte Nadelöhr für alle Komponenten des Observatoriums stellt die Passage durch den Puclaro-Tunnel kurz vor dem Ziel dar (Abb. 7). Der Transport war Millimeterarbeit, da die beiden Kammerteile der Beschichtungsanlage immerhin die größten Komponenten darstellen.

Die Montage der Anlage startete im Januar 2019 in den vorbereiteten Hallen des Observatoriums (Abb. 8). Im Juli 2019 hat die Beschichtungsanlage mit der initialen Beschichtung des M2-Spiegels ihre erste Bewährungsprobe vor Ort erfolgreich überstanden. Die gemessenen Reflexionswerte übertrafen dabei die Spezifikationsanforderungen (Abb. 9).

Jetzt wartet die Anlage auf den M1M3-Spiegel, der mittlerweile auch auf dem Gipfel eingetroffen ist. Damit steht der Vollendung des Teleskops hoffentlich nichts mehr im Weg. 2022 soll dann das erste Mal das Licht der Sterne von diesem einzigartigen Spiegelteleskop aufgenommen werden.

Quellenhinweise

Der Artikel basiert im Wesentlichen auf der nachfolgend genannten gemeinsamen Veröffentlichung der Association of Universities for Research in Astronomy (AURA) und der VON ARDENNE GmbH.

Tomislav Vucina, Norman Müller, Bettina Michel, Markus Gehlert, Jörg Faber, Matthias Smolke, Torsten Wellner, Robert Künanz, Christian Melde, Heiko Naucke, Peter Espig, William Gressler, Jacques Sebag, John Andrew, and Doug Neil: „LSST coating plant status and progress“, Proc. SPIE 10700, Groundbased and Airborne Telescopes VII, 1070002 (Presented at SPIE Astronomical Telescopes + Instrumentation: June 10, 2018; Published: 6 July 2018).

Aufbau und aktueller Status des LSST werden umfangreich dokumentiert. Weitere Informationen sind unter anderem unter folgendem Link zu finden: https://www.lsst.org.

Die Abbildungen 1, 2, 3, 7 und 8 sowie das Titelbild werden mit freundlicher Genehmigung der AURA verwendet, Quelle für die Abbildungen 4, 5, 6 und 9 ist das Von Ardenne Corporate Archive.

Autoren

Norman Müller

Norman Müller Jahrgang 1978, Diplomingenieur (FH) für Maschinenbau. Seit 2007 bei der VON ARDENNE GmbH als Projektleiter für verschiedene Großprojekte verantwortlich. Leitet das Projekt der Reinigungs- und Beschichtungsstation für LSST bei VON ARDENNE.

Dr. Ulf Seyfert

Jahrgang 1962, Promotion in Werkstoffwissenschaft der TU Dresden. Seit 1998 bei der VON ARDENNE GmbH in verschiedenen Positionen im Entwicklungsbereich für Elektronenstrahl- und Plasmaverfahren tätig, derzeit verantwortlich für die Forschungs- und Entwicklungskooperation. 

Abbildung 1: LSST Strahlenoptik mit M1M3-Spiegelkombination (Durchmesser 8,4 m bzw. 5,0 m, Brennweite 1,18 bzw. 0,83), M2-Spiegel (Durchmesser 3,4 m, Brennweite 1,00) und Linsensystem der Kamera (rechts vergrößert mit den Linsen L1, L2 und L3 dargestellt). Das Sichtfeld (field of view, FOV) der Anordnung mit einem flachen Sensor-Array von 64 cm Durchmesser beträgt 3,5°. Die kleinen Rechtecke zeigen das Auflösungsvermögen (point spread function – PSF) für sich in verschiedenen Abständen zueinander befindlichen Punktlichtquellen.

Abbildung 2: Erwartetes Reflexionsvermögen der beschichteten Hauptspiegel (M1, M2 und M3) für den nutzbaren Wellenlängenbereich aufgetragen über die Filter im u-, g-, r-, i-, z- und y4-Band. Die für den Teleskopbetrieb erforderlichen Mindestwerte des Reflexionsvermögens (LSSTAnforderungen) sind für jedes Filterelement angegeben.

Abbildung 3: Gebäude-Layout des Observatoriums mit dem eigentlichen Teleskop, der Serviceebene mit der Beschichtungsanlage und dem verbindenden Plattform-Lift.

Abbildung 7: Transport der Kammerteile durch den Puclaro-Tunnel in Millimeterarbeit.

Abbildung 8.1 und 8.2: Endmontage der Beschichtungskammern (8.1) und nach erfolgreicher Erstbeschichtung mit M2-Spiegel im Unterteil der Kammer (8.2).

Abbildung 9: Gemessene Reflexionskurve des M2-Spiegels (blau) mit den Vorgabewerten (rot); Blick durch ein Schauglas mit eingeschaltetem Magnetron (kleines Bild).

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